Mitgliederversammlung 2022: Fokus auf das Thema Fachkräftesicherung

Bildunterschrift: Klaas Johannink, Vorsitzender der Wirtschaftsvereinigung der Grafschaft Bentheim e.V., per Live-Schalte mit Festredner Prof. Dr. Norbert Lammert bei der diesjährigen Mitgliederversammlung. Bildquelle: Wirtschaftsvereinigung Grafschaft Bentheim

Mitgliederversammlung im Zeichen der “Zeitenwende”

Nach zwei digitalen Jahren konnte die Wirtschaftsvereinigung der Grafschaft Bentheim e.V. ihre Gäste Mitte Juni endlich wieder persönlich zu ihrer jährlichen Mitgliederversammlung im NINO-Hochbau in Nordhorn empfangen.

Im internen Teil der Mitgliederversammlung legten Geschäftsführung und Vorstand der Wirtschaftsvereinigung den Geschäftsbericht über das vergangene Jahr ab und stellten die Themenschwerpunkte für das kommende Geschäftsjahr vor. Auch das Jahr 2021 war von der Corona-Krise geprägt. Neben der Mitwirkung am Pandemienetzwerk des Landkreis Grafschaft Bentheim hielt die Wirtschaftsvereinigung ihre Mitglieder durch Corona-Infomails bzw. mit der Corona-Sonderseite auf ihrer Website auf dem Laufenden. Zudem wurden Mitgliederbefragungen zum Thema „Auswirkungen des Corona-Virus auf die Wirtschaft der Grafschaft Bentheim“ durchgeführt. Die überwiegend digitalen Veranstaltungen zu Themen wie u. a. Personal, Bildung und Fachkräfte, Energieeffizienz, Marketing, Digitalisierung sowie regionalpolitische Veranstaltungen wurden von 1.650 Gästen besucht, was noch einmal ein deutliches Plus im Vergleich zum Corona-Jahr 2020 ist.

Zum anschließenden öffentlichen Teil begrüßte der Vorstandsvorsitzende Klaas Johannink rund 270 Gäste aus Wirtschaft, Verwaltung, Politik und Gesellschaft. Die diesjährige Mitgliederversammlung stand ganz im Zeichen des aktuell viel zitierten Schlagwortes der Zeitenwende – Auswirkungen der Corona-Pandemie, des Russland-Ukraine-Krieges und nicht zuletzt der Klimakrise. Und „was machen all diese Krisen und Entwicklungen nun mit uns hier in der Grafschaft?“ fragte Klaas Johannink in die Runde der Vertreter der Grafschafter Wirtschaft. „Wenn man auf die nackten Zahlen schaut, scheint das alles von unserer regionalen Lage abzuprallen“ so Johannink. Überwiegend volle Auftragsbücher und im Mai eine Arbeitslosenquote in der Grafschaft von gerade einmal 2,1 Prozent. Doch Johannink warnte, „stockende Logistik-Ketten und in der Folge mangelnde Verfügbarkeiten von Vorprodukten machen derzeit zahlreichen Branchen Probleme.“ Um dem demografischen Wandel und dem daraus folgenden Mangel an Fachkräften – an Arbeitskräften – entgegenzuwirken, gestalten der Landkreis und die Wirtschaft einen Campus Berufliche Bildung (BBS). Laut Johannink sei der Kerngedanke, den gesamten Kontext rund um Bildung im beruflichen Umfeld neu und umfassender zu gestalten. Hierfür seien schon verschiedene Kernthemen als Säulen definiert: ein Lern- und Forschungszentrum für gemeinsames Lernen und ein Innovationszentrum mit technischen Anlagen und Laboren. Es solle ein Campus werden, der künftige Fachkräfte anspricht und optimal vorbereitet sowie ausbildet.

Klimadiskussion, steigende Energiekosten und explodierende Preise – weitere zurzeit viel diskutierte Themen. „Wenn wir uns Investitionen leisten, die viel Energie verbrauchen, muss die Politik den Mut haben, frühere Entscheidungen zu überdenken“, mahnte Johannink. Auch das gehöre zur Zeitenwende dazu. Johannink sprach zwei spannende Projekte in Bad Bentheim und in Wilsum/Gölenkamp an, bei denen lokal erzeugter Überschuss-Strom in Wasserstoff umgewandelt und auf unterschiedlichen Wegen verfügbar gemacht werden solle.

Entsprechend der aktuellen Entwicklung hielt Prof. Dr. Norbert Lammert die Festrede zum aktuellen Thema „Zeitenwende? Perspektiven für Wirtschaft und Gesellschaft“. Vor der großen Kulisse im Manz-Saal wurde Prof. Dr. Norbert Lammert, Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung und ehemaliger Bundestagspräsident, live zugeschaltet. Die persönliche Anwesenheit von Prof. Dr. Norbert Lammert musste kurzfristig krankheitsbedingt in ein digitales Format geändert werden.

„Wenn meist langjährige Entwicklungen in dramatischen Ereignissen kulminieren, entsteht der Eindruck, eine Zeitenwende zu erleben. Der russische Überfall auf die Ukraine ist zweifellos eine Zäsur: Es herrscht nun wieder Krieg in Europa. Nun müssen wir im eigenen Land nicht nur mit den unmittelbaren Folgen des Krieges zurechtkommen, sondern auch mit den Auswirkungen einer jahrelangen Realitätsverweigerung– zu lange haben wir die Erfahrungen des 20. Jahrhunderts mit autoritären Systemen verdrängt und die Realitäten durch Wunschdenken ersetzen wollen“, so Prof. Dr. Lammert.

Neben der digitalen Live-Schaltung zu Prof. Dr. Norbert Lammert war die Verabschiedung der langjährigen Geschäftsführerin Jutta Lübbert eines der Highlights des Abends.

Vor ziemlich genau 40 Jahren wurde die Wirtschaftsvereinigung gegründet. Hervorgegangen aus einem Textilverband entwickelte sie sich zu einem modernen Verein von Unternehmen aus allen Branchen und Ecken der Grafschaft. Als Plattform für Grafschafter Unternehmen ist die Wirtschaftsvereinigung ein Ort, um Menschen kennen zu lernen und sich zu vernetzen. „Außerdem war und ist eine zentrale Aufgabe, die Interessen der Mitgliedsunternehmen zu bündeln und auch nach außen zu kommunizieren, vor allem natürlich gegenüber der Politik“, so Johannink. „16 Jahre lang wurde die Wirtschaftsvereinigung geprägt durch eine Frau, die mit ihrem persönlichen Einsatz diesen Verein zu dem gemacht hat, was er heute ist.“ Mit lobenden Worten würdigte Johannink die Arbeit der langjährigen Geschäftsführerin Jutta Lübbert. Man sei froh mit ihrer Nachfolgerin Gitta Mäulen einen nahtlosen Übergang realisiert zu haben.

Noch lange nach den Vorträgen und bei herrlichem sonnigem Wetter war die Terrasse vor dem NINO-Hochbau ein Ort um zusammen zu kommen, zu Netzwerken und die Themen des Festvortrages mit den regionalen Auswirkungen zu diskutieren.