Finanzierung von Transformationen: Herausforderungen unter der Schuldenbremse

Der niedersächsische Finanzminister Gerald Heere im Austausch mit Mitgliedern der Wirtschaftsvereinigung Grafschaft Bentheim beim Mittagsgespräch zum Thema „Finanzierung von Transformationen: Herausforderungen unter der Schuldenbremse“. Bildquelle: Wirtschaftsvereinigung der Grafschaft Bentheim e.V. 

Austausch im Mittagsgespräch mit niedersächsischem Finanzminister Gerald Heere

Seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im letzten Jahr herrscht in Deutschland eine große Unsicherheit darüber, wie die weitere wirtschaftliche Entwicklung und Innovationsfähigkeit trotz Einhaltung der Schuldenbremse aussehen wird.

Unter dem Motto „Wirtschaft trifft Politik“ lud die Wirtschaftsvereinigung Grafschaft Bentheim ihre Mitglieder zu einem Mittagsgespräch in den NINO-Hochbau nach Nordhorn ein. Gemeinsam mit dem niedersächsischen Finanzminister Gerald Heere tauschte man sich zum Thema „Finanzierung von Transformationen: Herausforderungen unter der Schuldenbremse“ aus.

Der Vorstandsvorsitzende der Wirtschaftsvereinigung, Klaas Johannink, leitete die Veranstaltung mit einem Einblick in die Transformation der Grafschaft Bentheim ein. Investitionen in Infrastruktur in der Region, hätten zu einer herausgehobenen Position im Bereich des Glasfaserausbaus in Niedersachsen geführt. Aktuell bestehe im Bereich der erneuerbaren Energien eine Herausforderung darin, das Potenzial einer günstigen geografischen Lage in Bezug auf das Wasserstoffnetzwerk zu nutzen. Beim Thema Wohnungsbau betonte Johannink die Knappheit von verfügbarem und bezahlbarem Wohnraum, wobei er das Baurecht aus seiner Sicht als Ansatzpunkt zur Erhöhung der Bautätigkeit benannte.

Der niedersächsische Finanzminister Gerald Heere sprach in seinem Impuls über die Unsicherheit in Bezug auf die Wirtschaftsentwicklung und die Innovationsfähigkeit in Deutschland auch vor dem Hintergrund der Grenzen der Schuldenbremse.  Demografische Entwicklung, Digitalisierung und Sicherung von Infrastruktur stellen aktuell große Herausforderungen dar. Er beleuchtete die Ausgestaltung der Schuldenbremse vor dem Hintergrund der Regelungen anderer europäischer Länder.

Heere erörterte, wie Unternehmen trotz finanzieller Grenzen nachhaltige Transformationsprojekte umsetzen können: „Die Niedersächsische Landesregierung hat eine Bundesratsinitiative beschlossen, die den Kommunen eine bessere Beteiligung an Steuereinnahmen aus Erneuerbare-Energie-Projekten ermöglichen soll. Ziel ist es, die Akzeptanz dieser Transformationsprojekte vor Ort zu stärken“.

Konkret geht es in der Bundesratsinitiative um die Verteilung der Gewerbesteuer. Diese kann von Gemeinden erhoben werden, auf deren Gebiet ein Unternehmen Betriebsstätten unterhält. Unterhält ein Unternehmen in mehreren Kommunen Betriebsstätten, verteilt sich die Gewerbesteuer auf die einzelnen Gemeinden. Der Anteil einer Kommune ergibt sich dabei aus der Höhe der Arbeitslöhne, die den Beschäftigten der einzelnen Betriebsstätten in der jeweiligen Gemeinde gezahlt wurden.

Bisher profitieren Gemeinden oft nicht von Erneuerbare-Energie-Projekten, da in diesen Anlagen kein Personal beschäftigt wird. Die Initiative soll diese Regelung auf weiteren Anlagentechnologien der Erneuerbaren Energien sowie auf Infrastrukturen in engem Zusammenhang mit ihrem Ausbau ausweiten.  Dazu gehören beispielsweise große Batterie- und andere Stromspeicher, Wasserstoffspeicher, Hoch- und Höchstspannungsnetze und Verdichterstationen im Gasnetz.

Finanzminister Heere betonte: „Der Ausbau Erneuerbarer Energien ist einer der wichtigsten Bausteine der Energiewende. Um die gesetzten Klimaschutzziele zu erreichen und die Folgen des menschengemachten Klimawandels abzumildern, ist er unumgänglich. Deshalb ist es ungemein wichtig, die Akzeptanz von Erneuerbare-Energie-Projekten vor Ort zu stärken.“

In einer lebhaften Diskussionsrunde mit den Unternehmensvertretern stand das Thema Bürokratie im Mittelpunkt. Unternehmen sehen sich mit einem stetig wachsenden Berg an neuen Gesetzen, Berichtspflichten, Auflagen, Formularen und Anträgen konfrontiert. Die Praktiker aus der Wirtschaft rückten insbesondere die langwierigen Aufwände für Projektanträge in den Fokus. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern beanspruche die Bürokratie in Deutschland deutlich mehr Zeit. Tatsache sei, dass Bürokratie nicht nur Zeit kostet, sondern auch die ökologische Transformation hemmt und das Wirtschaftswachstum bremst, wodurch besonders kleine und mittlere Unternehmen belastet seien.