Wenn die Brötchen per KI geordert werden

Informationsveranstaltung „Optimierung digitaler Workflows: Effizienz steigern, Fehler minimieren“ der Wirtschaftsvereinigung mit Myriam Erath (CWO), Gitta Mäulen (Wirtschaftsvereinigung), Andreas Nakken (Wilbers-Werkstätten GmbH), Prof. Dr. Benjamin Jung (Hochschule Osnabrück) und Thomas van Lengerich (Lohner Landbäcker). Bildquelle: Wirtschaftsvereinigung der Grafschaft Bentheim e.V. 

„Optimierung digitaler Workflows“: Infoveranstaltung der Wirtschaftsvereinigung in Nordhorn stößt auf großes Interesse

Viele Arbeitsschritte, die früher einen hohen zeitlichen und personellen Aufwand erforderten, gehen heute dank moderner Technologien in wenigen Augenblicken vonstatten. Welche konkreten Möglichkeiten bestehen und wie genau sich diese im Betrieb umsetzen lassen, haben jüngst zahlreiche Unternehmerinnen und Unternehmer bei einer Veranstaltung der Wirtschaftsvereinigung Grafschaft Bentheim in Nordhorn erfahren: „Optimierung digitaler Workflows: Effizienz steigern, Fehler minimieren“ lautete das Thema, das sich die Mitglieder der Wirtschaftsvereinigung zuvor selbst gewünscht hatten. Dementsprechend traf das Event auf großen Zuspruch und WV-Geschäftsführerin Gitta Mäulen konnte viele Interessierte im NINO-Hochbau willkommen heißen.

Eine Einführung in die komplexe Materie gab zunächst Prof. Dr. Benjamin Jung, Professor für Wirtschaftsingenieurwesen mit Schwerpunkt Unternehmensführung an der Hochschule Osnabrück (Campus Lingen). Das sogenannte Workflow-Management als zugrundeliegendes Prinzip stellt demnach bestehende Arbeitsabläufe im Unternehmen – die „Workflows“ – in ihrer räumlichen und zeitlichen Reihenfolge dar, um sie zu optimieren. Diese Optimierung umfasst sowohl einzelne Arbeitsabläufe als auch die Gesamtheit der Workflows.

Und häufig gehe dies mit der Digitalisierung von Abläufen einher: Als Vorteile digitalisierter Workflows gelten laut einer von Jung angeführten aktuellen Erhebung aus dem Harvard Business Review unter anderem eine verbesserte Effizienz, eine erhöhte Produktivität sowie motivierte Kolleginnen und Kollegen – allerdings hapere es oft an der Umsetzung. Der Referent empfahl den Anwesenden in diesem Zusammenhang, auf kurzfristige Schritte („Quick Wins“) ebenso zu setzen wie auf tiefgreifendere konzeptionelle Umstellungen („Systemischer Ansatz“) mit dem Fokus auf den richtigen Workflows und Tools beziehungsweise Partnern, wobei Quick Wins ein systemisches Vorgehen vorbereiten könnten. Für die Umsetzung sollte ein breites Team mit klarer Verantwortungszuteilung gebildet und auch die Belegschaft insgesamt „mitgenommen“ werden.

Wie dies in der Praxis aussehen kann, wusste Andreas Nakken als Geschäftsführer der Wilbers-Werkstätten GmbH aus Gildehaus zu berichten. Exemplarisch ging er unter anderem auf den klassischen Ablauf eines Vorgangs von der ersten Anfrage bis zur Auftragsbestätigung ein. Vor der Implementierung eines EDI-Tools (EDI steht für Electronic Data Interchange und beschreibt Softwareanwendungen für den Austausch von Geschäftsdokumenten) gingen die Anfragen überwiegend per E-Mail ein und mussten händisch bearbeitet werden – von der Kalkulation über die Angebotserstellung, die Entgegennahme der Bestellung des Kunden und das Einpflegen des Auftrags ins ERP-System bis zum Versenden der Auftragsbestätigung. „Diese Vorgehensweise war sehr zeitintensiv und fehleranfällig“, erklärte Nakken. Heute gingen nur noch zehn Prozent der Anfragen per E-Mail ein, viele laufen dank der EDI-Schnittstelle automatisiert ab: „Die Digitalisierung dieser Prozesse ist eine Arbeitserleichterung und Stressreduzierung für die gesamte Belegschaft.“

Auch Thomas van Lengerich, geschäftsführender Gesellschafter beim Lohner Landbäcker, ließ die Anwesenden an seinen Erfahrungen teilhaben. Das Unternehmen mit seinen 17 Bäckereifilialen und 200 Beschäftigten machte es sich zum Ziel, die Digitalisierung voranzutreiben, nachdem man ein erhöhtes Informationsaufkommen festgestellt hatte. So habe man sich zunächst verschiedene Fragen gestellt: Wie können Informationen besser verarbeitet werden? Welche (Software-) Lösungen gibt es am Markt?

Mit dem Ziel die Digitalisierung im Unternehmen voranzutreiben sind alle Filialen und die leitenden Mitarbeitenden mit Tablet-Computern ausgestattet worden, und eine Vielzahl der Vorgänge läuft nun über das Programm Microsoft 365 ab. Allein durch die schnelle Kommunikation via „Teams“-Chat könnten Informationen besser kanalisiert werden. „Die Akzeptanz digitaler Medien stellte eine gewisse Hürde dar, deshalb sind Schulungen von großer Bedeutung“, berichtete Thomas van Lengerich – und warf auch einen Blick in die Zukunft: Aktuell werde eine automatische Bestelloptimierung mittels künstlicher Intelligenz getestet. Die KI generiert dabei einen Bestellvorschlag für die jeweils benötigten Backwaren in den Filialen, wobei sie vergangene Daten, das Wetter oder Besonderheiten wie etwa Feiertage berücksichtigt.

Das Thema KI spielt auch die zentrale Rolle bei dem jungen Startup CWO aus Lingen, dessen Gründerin Myriam Erath die Funktionsweise ihres Angebots präsentierte. Künstliche Intelligenz bleibe im Mittelstand noch weitgehend ungenutzt, obschon sie gerade dort ein hohes Automatisierungspotenzial biete, so der Ansatz.

Der auf das jeweilige Unternehmen zugeschnittene CWO (Customized Workflow Optimizer) schafft es demnach, unstrukturierte Dokumente in strukturierte Aufträge zu verwandeln und diese direkt ins ERP-System einzupflegen. Erkannt werden dabei sämtliche Informationen – selbst, wenn sie in Tabellen und Bildern stecken oder handschriftlich notiert sind. Der CWO verspricht eine 20-fache Kostenersparnis und eine dreifach höhere Arbeitsleistung im Vergleich zum manuellen Vorgehen. Weil die KI stets 24 Stunden täglich arbeitet, könnten auch spätabends eingehende Bestellungen noch registriert und gleich morgens von der Frühschicht in der Produktion bearbeitet werden, erläuterte Myriam Erath – und fragte augenzwinkernd ins Plenum: „Wer will es kaufen?“

Die anwesenden Unternehmerinnen und Unternehmer zeigten sich beeindruckt und spendeten den Referierenden kräftigen Applaus. Und womöglich wird in den hiesigen Betrieben angesichts dieser Einsichten schon bald noch die eine oder andere Stellschraube in puncto Digitalisierung gedreht.

Begrüßung durch Gitta Mäulen bei der Informationsveranstaltung „Optimierung digitaler Workflows: Effizienz steigern, Fehler minimieren“ der Wirtschaftsvereinigung Grafschaft Bentheim. Bildquelle: Wirtschaftsvereinigung der Grafschaft Bentheim e.V.

Andreas Nakken, Geschäftsführer der Wilbers-Werkstätten GmbH aus Gildehaus, berichtet unter dem Titel „Optimierung digitaler Workflows“ von seinen Erfahrungen im Unternehmen. Bildquelle: Wirtschaftsvereinigung der Grafschaft Bentheim e.V.