Digitale Zwillinge als Impulsgeber für den Mittelstand

Informationsveranstaltung „Impulse für den Mittelstand: Prozessoptimierung durch digitale Zwillinge“ mit Prof. Dr.-Ing. Ralf Buschermöhle (2.v.r.), Studierenden und Mitarbeitenden der Hochschule Osnabrück, Campus Lingen sowie Gitta Mäulen (Mitte, Geschäftsführerin der Wirtschaftsvereinigung Grafschaft Bentheim). Bildquelle: Wirtschaftsvereinigung der Grafschaft Bentheim e.V.

Kooperationsmöglichkeiten für Unternehmen mit dem Campus Lingen

Die fortschreitende Digitalisierung eröffnet Unternehmen vielfältige Möglichkeiten, ihre Prozesse effizienter, flexibler und nachhaltiger zu gestalten. Eine Schlüsselrolle spielt dabei der sogenannte digitale Zwilling, das virtuelle Abbild realer Produkte, Anlagen und Prozesse. In Kombination mit Methoden der Künstlichen Intelligenz lassen sich Abläufe präzise analysieren, optimieren und vorausschauend steuern.

Welche Chancen sich hier insbesondere für den Mittelstand bieten, war Thema einer Informationsveranstaltung im Rahmen der Reihe „Forum Digitalisierung“, zu der die Wirtschaftsvereinigung Grafschaft Bentheim eingeladen hatte. Zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter regionaler Unternehmen waren der Einladung gefolgt, um sich über „Impulse für den Mittelstand: Prozessoptimierung durch digitale Zwillinge“ zu informieren, auszutauschen und Anregungen für die eigene Unternehmenspraxis mitzunehmen.

In ihrer Begrüßung betonte die Geschäftsführerin der Wirtschaftsvereinigung, Gitta Mäulen, die Bedeutung des Austauschs der regionalen Wirtschaft in Zeiten digitaler Transformationen: „Die Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung lassen sich am besten gemeinsam bewältigen. Wir wollen voneinander lernen und dort, wo es möglich ist, gemeinsam Lösungen entwickeln – im Austausch mit anderen Unternehmen und mit der Hochschule Osnabrück.“ Seit 2023 bietet die Veranstaltungsreihe „Forum Digitalisierung“ hierfür eine bewährte Plattform.

Den fachlichen Impuls der Veranstaltung gab Prof. Dr.-Ing. Ralf Buschermöhle, Professor für Wirtschaftsinformatik am Campus Lingen der Hochschule Osnabrück. Er ist Experte für Konzepte und Methoden der Künstlichen Intelligenz und forscht im Bereich digitaler Zwillinge und deren Optimierung mit Hilfe maschineller Lernverfahren. In seinem Vortrag gab er einen fundierten Überblick über die Einsatzmöglichkeiten und Funktionsweisen digitaler Zwillinge. „Richtig eingesetzt ermöglichen digitale Zwillinge und Künstliche Intelligenz Unternehmen, die Chancen der Digitalisierung voll auszuschöpfen und die Risiken zu minimieren. In unserer wirtschaftlich starken Region arbeiten wir hierzu oft und gerne mit den Unternehmen in Lehre und Forschung zusammen“, betonte Buschermöhle.

Wie sich diese Technologien im Unternehmensalltag umsetzen lassen, zeigten zwei Praxisbeispiele: Die WURST Stahlbau GmbH aus Bersenbrück sowie das niederländische Unternehmen Ansova Staalcoating B.V. präsentierten Lösungen, die sie in Kooperation mit Studierenden und Mitarbeitenden der Hochschule Osnabrück entwickelt und erfolgreich implementiert haben.

Die Aufgabe der Studierenden bestand zunächst darin, reale Prozesse in den Unternehmen zu analysieren und als digitale Zwillinge abzubilden. Sensoren erfassten die dafür notwendigen Daten, die anschließend mithilfe eines sogenannten Informationsbroker gebündelt und aufbereitet wurden. Anschließend erfolgte die Optimierung der Prozesse im digitalen Zwilling durch maschinelles Lernen, einem Teilbereich der Künstlichen Intelligenz. Ziel ist es, durch das Erkennen von Mustern in großen Datenmengen fundierte Entscheidungen und Vorhersagen zu treffen – ein selbst lernendes System, das sich mit jeder Nutzung verbessert.

Bei WURST Stahlbau, das auf einer Produktionsfläche von 15.000 Quadratmeter jährlich rund 20.000 Tonnen Stahl verarbeitet, lag der Fokus auf der Optimierung betrieblicher Abläufe. Ziele waren, die Produktionsplanungen und -prozesse effizienter zu gestalten und Liefertermine besser zu koordinieren. Auch das Partnerunternehmen Ansova Staalcoating, spezialisiert auf Stahlbeschichtung, setzte auf ambitionierte Verbesserungen: Bei gleichbleibender Mitarbeiterzahl sollte die Produktionsleistung um 60 Prozent gesteigert werden. Darüber hinaus standen die bedarfsgerechte Anpassung der Ofentemperatur an die tatsächliche Auslastung sowie eine Reduzierung von Liegezeiten durch eine optimierte Produktionsplanung im Mittelpunkt.

Für die Studierenden bedeuteten die Projekte mehr als nur Einblicke in die Praxis: Sie arbeiteten an realen Kundenaufträgen, sammelten praktische Erfahrungen im Projektmanagement, der Teamarbeit und im Softwareengineering.

Die Veranstaltung bot reichlich Raum für Fragen, Diskussionen und dem Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis. Das große Interesse zeigt: Die Kooperation mit Hochschulen eröffne gerade kleinen und mittelständischen Unternehmen neue Wege, digitale Innovationen gezielt und praxisnah umzusetzen. Die Wirtschaftsvereinigung zog ein durchweg positives Fazit: „Der Dialog zwischen Wirtschaft und Wissenschaft ist ein zentraler Baustein für eine zukunftsfähige Unternehmenslandschaft in der Region“, so Gitta Mäulen. „Die Hochschule in Lingen deckt neben digitalen Zwillingen und Künstlicher Intelligenz zahlreiche weitere zukunftsweisende Digitalisierungsthemen ab. Das „Forum Digitalisierung“ der Wirtschaftsvereinigung Grafschaft Bentheim ist eine hervorragende Gelegenheit für Unternehmen und Hochschule, miteinander in den Dialog zu treten und den Wissensaustausch zu stärken“, ergänzte Buschermöhle.