Arbeitskräftegewinnung und Mitarbeiterbindung im Fokus

Festredner Joachim Pawlik (3. von links) und Geschäftsführerin Gitta Mäulen (Mitte) mit dem Vorstand der Wirtschaftsvereinigung Grafschaft Bentheim Norbert Jörgens, Gerrit Büter, Klaas Johannink, Wolfgang Wesselink, Thomas Kolde, Dr. Jörg Grundmann und Jochen Anderweit (von links). Bildquelle: Wirtschaftsvereinigung der Grafschaft Bentheim e.V. 

Rückschau und Ausblick bei Mitgliederversammlung 2023 der Wirtschaftsvereinigung

Am 14. Juni 2023 veranstaltete die Wirtschaftsvereinigung Grafschaft Bentheim ihre jährliche Mitgliederversammlung in den Räumlichkeiten des NINO-Hochbaus.

Im vorangegangen internen Teil der Mitgliederversammlung präsentierten Geschäftsführung und Vorstand der Wirtschaftsvereinigung den Geschäftsbericht über das vergangene Jahr 2022 und gaben einen Ausblick auf die Themenschwerpunkte für das kommende Geschäftsjahr. Im letzten Jahr konnte die Wirtschaftsvereinigung über 30 Veranstaltungen durchführen, sowohl digital als auch in Präsenz, und 1.500 Gäste begrüßen. Neben Informationsveranstaltungen aus den Themenfeldern Arbeits- und Fachkräfte, Energie und Digitalisierung fanden vier Unternehmensbesuche und Workshops der Arbeitskreise SCHULEWIRTSCHAFT, Personal, Marketing-Verantwortliche und IT-Verantwortliche statt. Darüber hinaus zeigte sich Geschäftsführerin Gitta Mäulen sehr erfreut über elf neue Mitgliedsunternehmen.

Die Zusammensetzung des Vorstandes der Wirtschaftsvereinigung hat sich im Vergleich zum Vorjahr geändert. Nach vielen Jahren engagierter Verbandsarbeit sind Silke Kamps, Jürgen Timmermann und Thorsten Dirks aus ihren Ämtern ausgeschieden. Der  Vorstand setzt sich nun wie folgt zusammen: Klaas Johannink (Vorstandsvorsitzender, Ringoplast GmbH), Jochen Anderweit (Stellvertretender Vorsitzender, Grafschafter Nachrichten GmbH), Dr. Jörg Grundmann (Schatzmeister, Hewig – Grundmann Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft), Lars Bohne (Beisitzer, Gussek Haus Franz Gussek GmbH & Co. KG), Gerrit Büter (Beisitzer, G. Büter Bauunternehmen GmbH), Norbert Jörgens (Beisitzer, Kreissparkasse Grafschaft Bentheim zu Nordhorn), Thomas Kolde (Beisitzer, Lebenshilfe Nordhorn gGmbH), Lasse Naber (Beisitzer, Naber GmbH), Wolfgang Wesselink (Beisitzer, Neuenhauser Maschinenbau GmbH) und Gregor Neuhäuser (Kooptiertes Vorstandsmitglied, Grafschafter Volksbank eG).

Zum anschließenden öffentlichen Veranstaltungsteil begrüßte der Vorstandsvorsitzende Klaas Johannink rund 220 Gäste aus Wirtschaft, Verwaltung, Politik und Gesellschaft.

Klaas Johannink setzt Arbeitskräftegewinnung in den Fokus seiner Rede 

Den Schwerpunkt seiner Rede legte Johannink auf den Arbeits- und Fachkräftemangel, „der uns alle seit langem begleitet und auch noch lange begleiten wird“. „600 Leute brauchen wir demnächst jährlich – viele davon auch aus dem Ausland. Das ist die traurige Wahrheit, die wir seit vielen Jahren kennen. Deren Ernst begreifen viele von uns aber erst, seit die Auswirkungen täglich im eigenen Betrieb stärker spürbar werden“, machte der Unternehmer deutlich. Daten des Landesamtes für Statistik Niedersachsen für die Grafschaft Bentheim legten nahe, dass 15- bis 25-jährige die „Baby-Boomer“-Lücke in der Grafschaft Bentheim nicht füllen werden können.

Johannink stellte den Gästen verschiedene Ansätze zum Umgang mit der Situation vor, wie die Erhöhung der Mitarbeiterproduktivität durch „lebenslanges Lernen“ und „Zusatzqualifikationen“, wofür der Campus Berufliche Bildung zukünftig ein wichtiger Baustein sei. „Aber Menschen sind nun mal nicht beliebig qualifizierbar“, mahnte Johannink. Eine andere Option sei die Erhöhung der Arbeitszeit mit der Verteilung der anfallenden Arbeit auf weniger werdende Köpfe, was sich in der Praxis jedoch als sehr schwierig gestaltet. „Da reden wir inzwischen eher von 4-Tage-Wochen, Work-Life-Balance, Sabatticals und Rente mit wann-auch-immer.“ Frauen- Erwerbstätigkeit und Aufstockung von Teilzeit-Stellen seien oft gehörte Stichworte. Dafür müsse vor allem die Betreuung von Kindern und die Pflege älterer Menschen verbessert werden. Johannink kam zu dem Schluss, dass die Nutzung vorhandener inländischer Potenziale allein nicht ausreichen werde, um den Personalmangel zu beheben.

Vielmehr hob er die Notwendigkeit, Deutschland für Fachkräfte aus anderen Ländern attraktiv zu machen, in den Vordergrund. In diesem Zusammenhang ging Johannink auf das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz ein, welches Vanessa Ahuja, Vorständin der Bundesagentur für Arbeit und zuständig für Leistungen und Internationales, vor kurzem im Rahmen einer Veranstaltung der Wirtschaftsvereinigung, vorgestellt hatte. „Der Entwurf hat tatsächlich das Potenzial, zusätzliche Kräfte aus dem Ausland zu gewinnen.“ Ob damit auch echte Anreize für die Menschen geschaffen werden, das würde noch offen bleiben.

„Und was machen wir jetzt in der Grafschaft daraus?“, richtete Johannink seine Frage an die Gäste im voll besetzten Manz-Saal. Um im Wettbewerb um Arbeitskräfte mit anderen Regionen Deutschlands erfolgreich zu sein, schlug Johannink einen „Unternehmenslotsen“ vor. „Einen Ansprechpartner, der Unternehmen Bürokratie und Arbeit abnimmt, damit diese sich auf die Suche, die Integration und Weiterbildung neuer Arbeitskräfte konzentrieren können.“ Er appellierte, diese Strukturen frühzeitig zu schaffen, da die Voraussetzungen in der Grafschaft Bentheim gut seien.

Eine weitere Zielgruppe benannte er mit bereits in Deutschland lebenden Migrantinnen und Migranten. Aktuell befinden sich in der Grafschaft Bentheim knapp 1.000 Menschen im Alter zwischen 15 und 65 Jahren aus der Ukraine, weitere knapp 300 Personen in dem Alter, die unter dem Dach des Asyl in unserem Land Schutz gefunden haben. Für diese Menschen gilt es, einen guten Zugang zum Arbeitsmarkt zu gestalten. Aufwendige und langwierige Anerkennungsverfahren sowie fehlende Sprachbildungsangebote seien hinderlich.

Was hält Mitarbeiter und Unternehmen zusammen? 

Neben der Gewinnung neuer Mitarbeitenden, rückte Festredner Joachim Pawlik, Gründer und CEO der PAWLIK Group, die Arbeitnehmer in den Mittelpunkt, die bereits im Unternehmen arbeiten. Unter dem Titel „Kohäsion – die Bindungskräfte von morgen“ ging Pawlik der Frage nach, wie Mitarbeitende in Unternehmen motiviert und gehalten werden können.

Umfragen belegen, dass sich der Großteil der Belegschaft in Deutschland nicht mehr an seinen Arbeitgeber gebunden fühlt. „Mitarbeiterbindung hat für das Unternehmen angesichts der derzeitigen Transformationsprozesse und des Arbeitskräftemangels eine starke strategische Bedeutung“, so Pawlik. Wie schaffen wir Bindung? Der Unternehmensberater empfahl das Zugehörigkeitsgefühl von Mitarbeitern durch vielfältige Aktivitäten im Arbeitsalltag zu stärken, als Führungskraft Ressourcen für Gespräche sowie eine Beteiligung von Mitarbeitenden in unterschiedlichen Formaten der Interaktion einzuplanen. „Menschen wollen das Gefühl haben, einen eigenen Beitrag zum Gesamtergebnis beizusteuern“, so Pawlik. Mitarbeitende bewusster einzubeziehen und ihnen Entwicklungsperspektiven aufzuzeigen, seien Kernfaktoren, um Bindung und Engagement zu erzeugen.

Noch lange nach den Vorträgen und bei herrlichem sonnigem Wetter war die Terrasse vor dem NINO-Hochbau ein Ort um zusammen zu kommen, zu Netzwerken und die Themen des Festvortrages mit den regionalen Auswirkungen zu diskutieren.